Eine mögliche Seilbahnverbindung zwischen Oberursel und Schmitten wird zum Dauerbrenner in der Öffentlichkeit, die Berichte in unterschiedlichen Medien nehmen immer weiter zu und die Schwärmereien der Kommunalpolitiker vom umweltfreundlichen Verkehrsmittel scheinen immer größer zu werden.
Auch die GRÜNE Kreistagsfraktion beschäftigt sich mit dem Thema, vor allem sucht sie Antworten auf zwei entscheidende Fragen: Ist eine Seilbahn wirklich so umweltverträglich? Und zweitens: Ist sie ein sinnvolles Projekt für den Hochtaunuskreis?
Aus diesem Grund hat sich die GRÜNE Kreistagsfraktion im Rahmenihrer Frühjahrsklausur auf den Weg nach Koblenz zur dortigen Seilbahn gemacht. „Der erste Eindruck vor Ort hat uns grundsätzlich positiv gestimmt.“, so der GRÜNE Fraktionsvorsitzende Norman Dießner in einem ersten Fazit, „Wir haben viel über die Chancen, allerdings aber auch die Grenzen des Verkehrsmittels gelernt.“ Was dort vom Geschäftsführer der Bau- und Betreibergesellschaft Skyglide Event Deutschland GmbH, Herrn Nigsch, vom technischen Leiter, Herrn Magnus, und vom ehemaligen Oberbürgermeister, Herrn Hofmann-Göttig, der damals den politischen Entscheidungsprozess gestaltet hatte, zu erfahren war, ließ die Mitglieder der Fraktion aufhorchen: Überschaubare und im Vergleich zu anderen Infrastrukturmaßnahmen günstige Herstellungskosten waren sofort ein Pluspunkt, extrem geringe Störanfälligkeit und ein vergleichsweise überraschend kleiner Eingriff in die Natur sind weitere Erkenntnisse, die die Fraktionsmitglieder in dieser Deutlichkeit überraschten.
„So war es für uns neu, dass die Seilbahn problemlos über die Baumwipfel geführt werden kann und keine Schneise entlang der Seilbahntrasse notwendig ist.“, so Norman Dießner weiter. „Der Platzbedarf für Technik, sowie Berg- und Talstationen erschien uns geringer als von zuerst erwartet.“. Auch bezüglich der benötigten Energie konnte die Seilbahn überzeugen: 100% Öko-Strom samt Energierückgewinnung. Für die GRÜNE Kreistagsfraktion waren dies – alles in allem – gute Gründe, sich weiterhin ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen und nun die zweifellos noch offenen Fragen zu klären. „Denn die verbliebene Skepsis bezüglich der Einsatzmöglichkeiten hier im Taunus bleiben weiterhin bestehen.“ so Dießner weiter.
Um der Frage der Anwendbarkeit und Akzeptanz im Hochtaunuskreis zu beantworten, sind Antworten vor Ort notwendig: Ist eine Seilbahn tatsächlich geeignet, täglichen Berufspendelverkehr zu befördern? Wie wären Umsteigesituationen zu gestalten? Kann der Öffentliche Nahverkehr in Oberursel, im Schwerpunkt die U-Bahn, überhaupt deutlich mehr Passagiere aufnehmen? Wie kommen die Menschen zur Talstation und welche Parkplatzkapazitäten werden dann möglicherweise notwendig? In welchem Verhältnis stehen touristischer und allgemeiner Nutzen einer Seilbahn für die Region? Wie hoch wären die Kosten für einen ganzjährigen Betrieb, der die Einbindung in den ÖPNV beinhaltet? Welche Auswirkungen hätte ein solches Projekt auf städtebauliche Fragen? Dies sind nur einige Fragen, die es zeitnah zu klären gilt. Denn auffällig sind die Unterschiede zwischen der Seilbahn in Koblenz und den nun angedachten Verbindungen. Dort gibt es keinen ganzjährigen Betrieb, dort gibt es mit der Festung Ehrenbreitstein ein touristisch attraktives Ziel am anderen Ende der Seilbahn. In Koblenz ist die Seilbahn zudem nicht in den regelmäßigen öffentlichen Nahverkehr eingebunden, deutlich geringere Betriebszeiten verringern ein mögliches Defizit.
Schon zu den Haushaltsberatungen 2019/20 hatte es viele überrascht, dass ausgerechnet von der Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt wurde, Planungsgelder für eine Machbarkeitsstudie für ein Seilbahnprojekt im Hochtaunuskreis bereitzustellen, und zwar um die betroffenen Städte und Gemeinden zu beteiligen und für Akzeptanz vor Ort zu werben. „Wir hatten schon im Dezember 2018 angeregt, sämtliche Planungsfragen mit den betroffenen Kommunen zu besprechen, Anwohnerinnen und Anwohner, sowie die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden Schmitten und Oberursel zu beteiligen. Allerdings können wir nicht sagen, was jenseits mancher Pressemitteilung seither geschehen ist.“ so Dießner, „Obwohl die Machbarkeitsstudie beim Rhein-Main-Verkehrsverbund erstellt wird, ist es entscheidend, so frühzeitig wie möglich die Sorgen und Ängste vor Ort ernst zu nehmen und alle Betroffenen einzubinden. Dafür Gelder bereit zu stellen, erschien auch der Mehrheit wichtig, allein warten wir seitdem auf Ergebnisse.“
Die weitere Verfahrensweise für die GRÜNE Kreistagsfraktion ist klar: „Wir werden die Verantwortlichen im Kreis an ihre Zusage erinnern und erwarten, dass in der nächsten Fachausschusssitzung berichtet wird, welche Bedenken und Anregungen die Stellungnahmen der Kommunen Oberursel und Schmitten enthalten, wie der Pendler- und Touristenströme vor Ort aussehen und welche mögliche Lösungen der Hochtaunuskreis erreichen will.“ so Dießner abschließend. „Der Hochtaunuskreis muss frühzeitig seine Hausaufgaben erledigen und Antworten liefern: Den Prozess vor Ort aktiv gemeinsam mit allen Betroffenen zu gestalten, das wird entscheidend für den Erfolg sein.“
Bilder und Eindrücke, die bei dem Besuch der Kreistagsfraktion aufgenommen wurden, finden Sie in der Bildergalerie